Bei Photovoltaik Gesetzen und Regelungen bleibt ein großes Manko auch 2023 bestehen

Lange Wartezeiten bei der Anmeldung, hoher Verwaltungsaufwand und geringe Einspeisevergütung – bisher hatten interessierte Käufer von Photovoltaikanlagen mit einer Reihe von gesetzlichen Vorgaben zu kämpfen. Ab diesem Jahr kommen auf Betreiber von Photovoltaikanlagen wieder einmal einige Veränderungen zu. Wir haben mit Ennogie Deutschland Geschäftsführer Dr. Stephan Tölpe gesprochen, ob sich die Lage insgesamt verbessert hat.
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Francis Shortt

Journalist und Marketing Ennogie Deutschland GmbH

Solardach Magazin: Können Sie einen kurzen Überblick über die Gesetzesänderungen geben, auf die sich Eigentümer von Photovoltaiklösungen ab diesem Jahr einstellen müssen?

Dr. Stephan Tölpe: Zwei Bundesländer haben ab 2023 eine Solardachpflicht eingeführt. In Hamburg müssen dabei Neubauten seit Januar mit einer Photovoltaiklösung belegt werden. Ab 2025 gilt diese Pflicht auch für Bestandsgebäude, die eine Dachsanierung durchführen wollen. Und in Berlin tritt mit dem 01.01.2023 das sogenannte Berliner Solargesetz in Kraft. Es sieht vor, dass sowohl auf Wohn- als auch Nichtwohngebäuden die neu errichtet werden, eine Photovoltaikanlage installiert werden muss. Auch bei größeren Dachsanierungen wird in Berlin seit Anfang des Jahres Photovoltaik zur Pflicht.

Auf Bundesebene ändert sich die Steuerbelastung für Betreiber von Photovoltaikanlagen zum Teil deutlich. Für Erwerb, Einfuhr und Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern gilt ab dem 01.01.2023 ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz. Dafür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Die Photovoltaikanlage muss sich auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder öffentlichen und anderen Gebäuden befinden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden. Dabei darf die installierte Leistung 30 kWp nicht übersteigen. Auch eine Ertragssteuerbefreiung für Anlagen mit besagter Leistung im Betrieb ist im EEG ab 2023 gesetzlich verankert.

Im Bau befindliches Projekt Kokoni One, dass von der Photovoltaikpflicht in Berlin betroffen ist

„Bei Anlagen, die 2023 ans Netz gehen, ergeben sich erhebliche Vorteile, was Kosten und Ertrag betrifft.“

Solardach Magazin: Gibt es noch weitere wichtige Neuregelungen, auf die sich Betreiber und Käufer von Photovoltaikanlagen einstellen müssen?

Dr. Stephan Tölpe: Zum einen der vollständige Wegfall der EEG-Umlage, der bereits seit Juli 2022 Eigentümer von Photovoltaikanlagen entlastet. Zum anderen entfällt die 70 Prozent Regel für PV-Anlagen ab diesem Jahr, die bisher die Einspeisung von überschüssigem Strom ins Stromnetz begrenzt hat. Bei Anlagen, die nach dem 14.09.2022 installiert wurden, geschieht das automatisch. Bei Bestandsanlagen unter 7 kWp kann der Betreiber die Aufhebung ebenfalls beim lokalen Netzbetreiber beantragen.

Solardach Magazin: Wie wirken sich die Gesetzesänderungen im Regelfall auf die Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen aus?

Dr. Stephan Tölpe: Bei Anlagen, die 2023 ans Netz gehen, ergeben sich erhebliche Vorteile, was Kosten und Ertrag betrifft. Kunden sparen die 19 Prozent Mehrwertsteuer bei der Anschaffung. Der Wegfall der Ertragssteuer im Betrieb steigert die beim Eigentümer verbleibenden Einnahmen aus der PV-Anlage. Zusätzlich erhöht die Abschaffung der 70 Prozent Regel die Ertragsausbeute im Betrieb und schafft damit weitere Mehreinnahmen für den Eigentümer.

Solardach Magazin: Sind hierbei für private und gewerbliche Nutzer unterschiedliche Details zu beachten?

Dr. Stephan Tölpe: In der Tat gilt die Neuregelung der Mehrwertsteuer nur für private und nicht für gewerbliche Käufer. Darüber hinaus ist zu beachten, dass, wenn kein Eigenverbrauch stattfindet, sondern der Photovoltaikstrom vollständig ins Netz eingespeist wird, andere Vergütungssetze gelten.

Solardach Magazin:  Eine große Hürde stellte in der Vergangenheit die Anmeldung der Anlage beim Netzbetreiber dar. Daher die Frage: Wird dieser Prozess für private Eigentümer von PV-Anlagen ab Januar einfacher?

Dr. Stephan Tölpe: Es wurden einige Gesetzesänderungen verabschiedet, die den Netzanschluss beim zuständigen Netzbetreiber zukünftig vereinfachen sollen. Für Anlagen bis 30 kWp reicht ab sofort eine Anmeldung über das Webportal des Netzbetreibers. Im Gegensatz zu früher muss auch der Netzbetreiber bei der Inbetriebnahme nicht mehr vor Ort anwesend sein.

Wallbox für E-Autos (links) Ganzdachlösung für Photovoltaik Ennogie-Solardach (rechts)

Solardach Magazin:  Als Geschäftsführer von Ennogie Deutschland und Experte für Erneuerbare Energien haben Sie einen guten Einblick in den Markt. Wie bewerten Sie die verschiedenen Änderungen?

Dr. Stephan Tölpe: Die Neuregelungen sind als durchweg positiv zu betrachten, im Ergebnis aber nicht weitgehend genug. Die Bundesregierung löst zwar mit der EEG Novelle 2023 ihr Versprechen ein, die Bürger zu entlasten, zum Beispiel durch den vollständiger Wegfall der EEG-Umlage, und den Ausbau der erneuerbaren Energien stärker zu forcieren. Auch haben sich mögliche Renditen für eine PV-Anlage durch die erhöhten Einspeisevergütungen verbessert. Allerdings bleibt fraglich, ob es der Kaufanreize durch Wegfall der Mehrwertsteuer bedurfte hätte, da die Branche bereits unter einer hohen Anfragelast leidet. Zudem ist auch nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung weiterhin unklar, inwieweit wichtige Komponenten bei der Verstromung des Energiebedarfs wie Wallboxen (Ladestationen für E-Autos Anm. der Redaktion) von der Mehrwertsteuer Regelung umfasst sind.

Solardach Magazin:  Und auf welche finanziellen Entlastungen können sich Käufer von Photovoltaikanlagen im neuen Jahr ganz besonders freuen?

Dr. Stephan Tölpe: Der Ertragssteuerwegfall ist besonders positiv hervorzuheben, da dadurch der Verwaltungsaufwand im Betrieb erheblich sinkt, was bisher oftmals eine Hemmschwelle für die Kaufentscheidung dargestellt hat. Der Wegfall der EEG-Umlage, der sogenannten Sonnensteuer, hingegen war lange überfällig und sinnvoll. Der Verwaltungsaufwand wird so deutlich gemindert.

Ein großes Manko bleibt allerdings: Für die Umsetzung der Energiewende ist eine Regelung für ein einfaches Mieterstrommodell zwingend notwendig. Bisher wird viel zu oft aufgrund hoher Kosten und komplizierter Vorgaben auf Photovoltaiklösungen bei Mehrfamilienhäusern verzichtet. So bleiben die größten innerstädtischen Potentiale ungenutzt. Letztlich ist es auch ein Armutszeugnis für die Politik, dass es überhaupt einer Photovoltaikpflicht bedarf. Die Frage bleibt, warum ein derart nachhaltiges und positives Thema in den letzten Jahren nicht so attraktiv gestaltet wurde, dass die Vorteile für den Einzelnen überwiegen und ein klarer Kaufanreiz vorhanden ist – und man nicht erst dazu gezwungen werden muss.

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