Nachhaltiges Quartierprojekt Kokoni One in Berlin, das sich selbst über eine Ganzdachlösung für Photovoltaik mit grünem Strom versorgt und ohne Fördermittel kaum zu realisieren gewesen wäre
2009 beschließt die große Koalition in Abstimmung zwischen Bund und Ländern die sogenannte Schuldenbremse. Seitdem steht im Grundgesetz sinngemäß, dass die staatliche Neuverschuldung für den Bund auf maximal 0,35 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts beschränkt ist. Damit sollten in Zeiten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise Ausgaben der Regierung enge Grenzen gesetzt und so eine hohe Staatsschuldenquote vermieden werden. Ausnahmen gelten lediglich in Krisenzeiten, wie sie vor wenigen Jahren mit der Corona-Pandemie eingetreten sind. Hier nahm die Bundesregierung Kredite in Milliardenhöhe auf, die allerdings nicht vollständig abgerufen werden mussten. Die nicht benötigten Mittel wurden daraufhin in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) übertragen. Auf eine Klage Abgeordneter der Unionsfraktion hin folgte am 15. November das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz genutzt werden dürfen. Seitdem liegt der KTF auf Eis, bis eine neue Finanzierungsgrundlage geschaffen wurde.
Welche Förderprogramme sind Teil des Klima- und Transformationsfonds?
Die Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds speist sich vornehmlich aus zwei Quellen: Dem Emissionshandel und Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt. Da allerdings die Preise für CO2-Zertifikate und daraus resultierend die Einnahmen deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben, entstand eine Finanzierungslücke, die über die 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen ausgeglichen werden sollte. Die Schwerpunkte der Förderung haben sich dabei über die Jahre geändert und wurden kontrovers diskutiert. Mit 18,8 Milliarden macht die „Förderung von Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im Gebäudebereich“ heute fast ein Drittel der wegfallenden Mittel des Sondervermögens aus.
Diese werden über die Bundesförderung für effiziente Gebäude – kurz BEG – abgerufen, in der verschiedene frühere Förderprogramme im Gebäudesektor zusammengefasst wurden. Unterstützt werden Austausch und Optimierung von Heizungsanlagen sowie Maßnahmen an Gebäudehülle und Anlagentechnik. Dazu zählen unter anderem Dämmung, Fenster, Lüftungsanlagen, Solarkollektoren, Wärmepumpen oder Brennstoffzellenheizungen, die mit bis zu 40 Prozent vom Staat bezuschusst werden können. Das im öffentlichen Diskurs als „Heizungsgesetz“ bezeichnete Programm steht nach einem wackeligen Start nun bereits auf der Kippe, nachdem nicht klar ist, inwieweit es durch die von Bundesfinanzminister Christian Lindner verhängte weitergehende Ausgabensperre betroffen sein wird.
Welche Auswirkungen hat die Haushaltsdebatte auf die Baubranche?
Für die Baubranche, in der Projekte von langer Hand geplant werden müssen, ergibt sich daraus ein Dilemma. Unsicherheiten bei der Finanzierung führen dazu, dass für den Klimaschutz wichtige Bau- und Sanierungsvorhaben verschoben oder ganz abgesagt werden. Der Bauherren-Schutzbund e.V. verleiht der Verunsicherung Ausdruck: „Die zähen Diskussionen um das sogenannte Heizungsgesetz haben viele Verbraucher […] verschreckt. Das jetzige Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt wieder alles infrage. Keiner weiß genau, was in sechs Wochen gelten wird.“ So bleiben CO2-Ausstoß und Wohnraumknappheit weiterhin hoch und die Lage in einem der wichtigsten deutschen Wirtschaftszweige verschärft sich.
Grünes Pilotprojekt in Mönchengladbach, bei dem verschiedene EE-Konzepte miteinander verglichen werden
Aufgrund der Risiken für Klima, Wirtschaft und Gesellschaft, lässt sich verstehen, warum Vizekanzler Robert Habeck darauf besteht, dass „alle Projekte, die wir konzipiert haben, möglich gemacht werden müssen“ und für eine Aussetzung der Schuldenbremse plädiert. Aus konservativen Kreisen werden derweil die Stimmen lauter, die fordern, Sozialausgaben zu kürzen, also bei Bürgergeld und Kindergrundsicherung zu sparen. Dabei gibt es andere Lösungsansätze, die allerdings nicht frei von gesellschaftlichem Konfliktpotenzial sind. Zum Beispiel könnte durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen eine Win-Win-Situation geschaffen werden. Die Kostensteigerungen erhöhen die Anreize auf nachhaltigere Technologien umzusteigen und gleichzeitig wird im Bundeshaushalt der finanzielle Spielraum geschaffen, um Förderungen in die nachhaltige Transformation der Baubranche auch in Zukunft aufrecht erhalten zu können.
Ob und in welcher Form im Jahr 2024 und darüber hinaus bei Neubau und Sanierung gefördert wird, kann zu diesem Zeitpunkt nicht seriös beantwortet werden. Klar scheint, dass es Einsparungen geben wird, klar ist aber auch, dass viele Förderprogramme zu essenziell für die deutsche Klima- und Bauwende-Strategie sind und daher in ähnlicher Form und ähnlichem Umfang weiterbestehen werden. Der Schaden besteht allerdings schon jetzt: Die Uneinigkeit in der Bundesregierung hat zu einer weiteren Verunsicherung in der Baubranche geführt, die ohnehin in einer der größten Krisen seit Jahrzehnten steckt.
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