EPDs: Was sind sie und welche Vorteile bieten sie für die Wohnungswirtschaft?

Das Phänomen des „Greenwashings“ – bei dem Produkte als nachhaltiger dargestellt werden als sie wirklich sind – macht auch vor der Baubranche nicht halt. Gerade deshalb setzen verantwortungsbewusste Unternehmen wie Ennogie auf ein Zertifikat, das Umwelteinflüsse ihrer Produkte nach wissenschaftlichen Maßstäben nachvollziehbar und vergleichbar macht. Umweltproduktdeklarationen ermöglichen es Architekten im Idealfall, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes bereits in der Planungsphase zu ermitteln.
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Francis Shortt

Journalist und Marketing Ennogie Deutschland GmbH

Blomsterhaven

Bei zirkulären Bauprojekten wie diesem, mit innovativer Ganzdachlösung für Photovoltaik des Unternehmens Ennogie, kann dank EPDs im Voraus die Auswirkung auf die Umwelt bestimmt werden

Was ist eine Umweltproduktdeklaration?

Bei einer Umweltproduktdeklaration (EPD) handelt es sich um ein Zertifikat, in dem alle umweltrelevanten Eigenschaften eines Produkts über den gesamten Lebenszyklus hinweg abgebildet werden. Dabei werden objektive Daten unter anderem zu Energie- und Ressourcenverbrauch, Emissionen, Auswirkungen auf Grundwasser und Böden sowie Recycling zusammengetragen. Ziel ist es, Konsumenten und Produzenten transparente Informationen zur Verfügung zu stellen, um Artikel oder Projekte im Hinblick auf ihre Umweltauswirkungen vergleichbar zu machen. Da international anerkannte Normen die Grundlage für die Erstellung einer EPD bilden, genießen sie in verschiedenen Wirtschaftszweigen eine hohe Anerkennung.

Gerade in der Baubranche setzt eine wachsende Anzahl Unternehmen Umweltproduktdeklarationen zur ganzheitlichen Planung von Gebäuden ein. Häufig nutzen Architekten und Bauplaner EPDs, um auf deren Basis die Nachhaltigkeit ihrer Projekte zu berechnen. Kritiker weisen allerdings darauf hin, dass Produkte schwer direkt miteinander vergleichbar sind und immer auch der Gebäudekontext in Betracht gezogen werden muss. So kann zum Beispiel eine Photovoltaiklösung ihren positiven Einfluss auf Umwelt und Klima steigern, wenn sie in ein Konzept eingebunden ist, das die Verstromung des gesamten Energiebedarfs vorsieht.

Wer erstellt die EPD-Zertifikate?

Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU] ist ein freiwilliger Zusammenschluss aus über 200 Unternehmen und Verbänden der Bauindustrie, die sich zu einem „generationsübergreifenden Erhalt von Leben für Mensch und Natur“ bekennen. Seit seiner Gründung als Arbeitsgemeinschaft Umweltverträgliches Bauprodukt e. V. (AUB) vor über 30 Jahren ist der Verein zur mitgliederstärksten Vereinigung aus Herstellern der Branche angewachsen, die sich für nachhaltiges Bauen einsetzen. Zu den Mitgliedern zählen dabei Branchenführer wie Fischer, Kaldewei, Schüco oder BASF.

In Deutschland ist das IBU der alleinige öffentlich anerkannte Programmbetreiber, der branchenübergreifend Umweltproduktdeklarationen (EPDs) für den Bausektor erstellt und öffentlich zugänglich macht. Als unabhängiger Dritter prüft zudem ein Sachverständigenrat aus Wissenschaft, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Nukleare Sicherheit (BMU) und dem Umweltbundesamt regelmäßig die Methodik der EPD-Erstellung.

Welche Lebenszykluskosten und Umweltfaktoren werden in der EPD erfasst?

Umweltproduktdeklarationen haben den Anspruch, von der Produktion bis zum Recycling, den Umwelteinfluss eines Produkts vollständig messbar zu machen. Grundlage für die Bewertung der Herstellung bilden die sogenannten Ökobilanzen der Produkte, die den gesamten Produktionsprozess von der Rohstoffgewinnung bis zum einbaufertigen Produkt abbilden. Diese Daten werden um weitere Phasen des Lebenszyklus, wie Nutzungsphase, Recycling, Wiederverwendung und Entsorgung ergänzt, um eine ganzheitliche Beurteilung der Lebenszyklusauswirkungen auf den Planeten zu erhalten.

Dabei steht am Ende nicht eine einzelne Kennzahl oder Schulnote, vielmehr soll eine Vielzahl verschiedener Umwelteinflüsse individuell nachvollziehbar gemacht werden. Dazu gehören unter anderem Recyclinganteil, Treibhausgasemissionen, saurer Regen, Smog-Bildung sowie Wasser- und Ressourcenverbrauch. Hierzu schreibt das Institut Bauen und Umwelt e.V., dass nur „nur die gleichzeitige Berücksichtigung möglichst aller Umweltwirkungen zu wirklich nachhaltigen Lösungen führen“ kann.

Am Beispiel eines Bauprojekts lässt sich der Nutzen von Umweltproduktdeklarationen wie folgt zusammenfassen: Der Umwelteinfluss eines Gebäudes setzt sich im Wesentlichen aus zwei Teilen zusammen. Den Ökobilanzen der verwendeten Baumaterialien und dem Energieverbrauch der Bewohner. Kombiniert man diese beiden Faktoren miteinander, lässt sich durch den Einsatz von EPDs schnell und effizient der gesamte Lebenszyklus eines Bau- oder Sanierungsvorhabens abbilden.

Welche Kategorien gibt es bei Umweltproduktdeklarationen und warum?

Zwar können sich die Einteilungen je nach Produkt unterscheiden, dennoch gibt es eine Reihe von typischen Kategorien, die in praktisch jeder EPD enthalten sind, um Umwelteinflüsse über die gesamte Produktion und den Lebenszyklus hinweg zu beschreiben:

  1. Rohstoffe und Ressourcen: Beschreibung der verwendeten Materialien und Ressourcen sowie deren Herkunft und Verfügbarkeit.
  2. Energie: Informationen über den Energieverbrauch während des gesamten Lebenszyklus, einschließlich der Energie, die für die Herstellung, den Transport, die Nutzung und Entsorgung des Produkts benötigt wird.
  3. Emissionen: Bericht über verschiedene Arten von Emissionen, einschließlich Treibhausgasemissionen und anderen Schadstoffen, die während des Produktlebenszyklus freigesetzt werden können.
  4. Wasser: Beschreibung des Wasserverbrauchs und der Auswirkungen des Produkts auf die Wasserverfügbarkeit sowie mögliche Verschmutzungen von Wasserressourcen.
  5. Abfall: Informationen über die Art und Menge des Abfalls, der während des gesamten Lebenszyklus des Produkts erzeugt wird, sowie Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -minimierung.
  6. Transport: Beschreibung der Transportprozesse für Rohstoffe, Zwischenprodukte und das fertige Produkt, einschließlich der damit verbundenen Umweltauswirkungen wie Emissionen und Energieverbrauch.
  7. Lebensdauer und Nutzung: Informationen über die Lebensdauer des Produkts, seine Funktion und Leistung während der Nutzung sowie potenzielle Auswirkungen auf die Umwelt im täglichen Gebrauch.

Wie läuft der Prozess der Zertifizierung bei EPDs ab?

Umweltproduktdeklarationen werden anhand sogenannter Produktkategorie-Regeln (Product Category Rules, kurz PCR) erstellt, die im EPD-Online-Tool eingesehen werden können. Diese beschreiben die konkreten Anforderungen, die bei der Erstellung einer EPD berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören neben einheitlichen Rechenregeln auch bautechnische Angaben sowie zu erbringende umwelt- und gesundheitsbezogene Nachweise. Zur Erstellung der Umweltproduktdeklaration registrieren sich Bauprodukthersteller kostenfrei auf der Plattform des IBU und erstellen auf Basis der PCR eine EPD für ihr Produkt.

Welche Vorteile ergeben sich aus einer EPD-Zertifizierung?

EPDs ermöglichen es, Produkte anhand transparenter Informationen über ihre Umweltbelastungen miteinander zu vergleichen. Architekten, Planer und Bauherren nutzen sie, um Ökobilanzen von Sanierungs- und Neubauvorhaben zu berechnen. Sie bilden die Voraussetzung für Nachhaltigkeitszertifizierung von Bauwerken und werden mittlerweile bei einer großen Anzahl Ausschreibungen eingefordert. Die nachgewiesene Umweltverträglichkeit, positive Marketingwirkung und häufig niedrigen Kosten im Betrieb bedeuten einen Mehrwert für zertifizierte Bauvorhaben. Daher bewerten Immobiliengesellschaften und Bauverantwortliche diese Projekte meist höher als konventionelle Bauvorhaben. In Summe bieten Umweltproduktdeklarationen neben Vorteilen für Klima und Umwelt also vor allem Planungssicherheit und wirtschaftliche Chancen.

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